14 Mai 2011 - 17:00
Kath. Basilika St. Ulrich und Afra Augsburg
Konzertankündigung von Rebekka Jakob in der Augsburger Allgemeinen (Lokalteil Günzburg) vom 12. Mai 2011:
verfasst von Rebekka Jakob am 12. Mai 2011 auf Augsburger Allgemeine online
Die camerata vocale Günzburg wollte Anfang Mai eigentlich mit Gästen aus Japan auftreten. Jetzt singt der Chor für seine Freunde, die zum großen Teil durch Erdbeben und Flutwelle obdachlos geworden sind.
Günzburg. Es sollte ein Geburtstagskonzert werden, eines, das die Freundschaft der Camerata Vocale aus Günzburg mit der japanischen Sasaki-Kantorei aus Sendai vertieft. Nun wird es ein Benefizkonzert ohne die Freunde aus Japan und doch für sie. Denn durch Erdbeben und Flut ist ein Großteil der Chormitglieder, die im nur 60 Kilometer von Fukushima entfernten Sendai an der Ostküste Japans lebten und arbeiteten, obdachlos geworden.
Die japanische Stadt Sendai wurde durch Erdbeben und Tsunami praktisch völlig zerstört. Der Günzburger Chor camerata vocale erwartete im Mai eigentlich einen befreundeten Chor mit 120 Sängerinnen und Sängern aus Sendai. Nun wollen die Günzburger mit einem Benefizkonzert ihren Freunden aus Japan helfen. (Foto: Stephen Morrison, epa)
„Die Aktion der Ichenhauserin Carola Roidl, die sich als Privatperson mit ihren gefalteten Kranichen für Japan einsetzt, hat uns inspiriert, auch aktiv zu werden und zu helfen“, sagt Vorsitzende Elisabeth Lutz. Wie berichtet hatte die Ichenhauserin eine Aktion gestartet, bei der gefaltete Origami-Kraniche gegen Spenden verteilt werden. Doch während Carola Roidl allein durch die erschütternden Fernsehbilder aus dem fernen Japan bewegt wurde zu handeln, war für den Chor um Leiter Jürgen Rettenmaier der Bezug nach Japan ein sehr viel engerer.
1995 war der japanische Professor Masatoshi Sasaki mit dem Bachkantaten-Verein Morioka und dem geistlichen Chor Sendai eine Woche in Günzburg zu Gast. camerata-Mitglied Bernhard Abmayr hatte während eines beruflichen Aufenthalts in Japan mit dem Chor gesungen und so den Kontakt hergestellt. Zusammen mit den Nürnberger Symphonikern und der camerata vocale führten sie Haydns „Schöpfung“ in der Münchner Residenz und am 1. Mai im Günzburger Forum auf. Sie bestritten geistliche Chorkonzerte, die als Benefizkonzerte stattfanden – für die Opfer des Erbebens in Kobe im Januar 1995.
Die Plakate und Flyer für das Konzert mit den Gästen aus Japan waren schon gedruckt. Fotos erinnern an den Besuch der japanischen Sänger von 1995, bei dem auch ein Auftritt in der Münchner Residenz auf dem Programm stand. (Foto: Stephen Morrison, epa)
Nun sollten die 120 Chormitglieder erneut nach Schwaben kommen. Nach Auftritten in Rothenburg ob der Tauber sollte es wieder nach Günzburg gehen. Noch Anfang März hatte Lutz sich mit Vertretern des japanischen Chores getroffen, alles für das geplante Konzert, das in Ulm stattfinden sollte, besprochen, Plakate und Flyer vorbereitet. „Dann haben wir uns verabschiedet, noch einen guten Heimflug gewünscht. Im Nachhinein betrachtet war das einfach schrecklich.“ Was die Günzburger und Japaner nicht wissen konnten: Der Flug am 11. März führte direkt ins Erdbeben.
Zwei Wochen warteten die Günzburger auf Nachricht aus Japan, bis sie per Mail mit der Absage der Konzertreise ein Lebenszeichen bekamen. „Zu dieser Zeit waren zwei Chormitglieder vermisst“, sagt Lutz. Mittlerweile ist klar: Alle 120 Sänger haben überlebt, doch jedes der Chormitglieder ist von der Katastrophe betroffen. „Der Chorleiter berichtet auch von Strahlenopfern und Obdachlosen“, so Elisabeth Lutz.
Nun wollen die Sänger aus Günzburg helfen. In der Augsburger Basilika St. Ulrich und Afra wurde für den kommenden Samstag, 14. Mai, eine kostenlose Auftrittsmöglichkeit gefunden, wo die Messe für zwei vierstimmige Chöre von Frank Martin und doppelchörige Marienmotetten erklingen werden. Das Konzert, zu dem Pfarrer Erwin Fuchs den geistlichen Impuls geben wird, beginnt um 17 Uhr. Um Spenden für die Mitglieder des japanischen Chores wird gebeten. Die in Augsburg lebende japanische Sopranistin Shihomi Inoue-Heller hat sich bereit erklärt, die gesammelten Spenden Mitte Juni persönlich an den Chorleiter Prof. Sasaki und den Schatzmeister Nobuyuki Watanabe zu übergeben. „Es ist bewundernswert, wie die Menschen in Japan zuversichtlich sind, dass sie sich aufrappeln“, sagt Elisabeth Lutz.
Die Chorsänger wollen sich so bald wie möglich wieder sammeln. Und sie behalten ihre geplante Konzertreise nach Schwaben weiter im Auge.