16 Mai 2012 - 19:30

Haus der Begegnung St. Claret Weißenhorn

 
Konzertkritik von Getrud Adlassnig in der Augsburger Allgemeinen (Lokalteil Günzburg) vom 19. Mai 2012: Ein gelungenes Geburtstagsgeschenk
Markus Putzke, Elke Galgenmüller und Susanne Steinle begeistern beim Arienabend im Kaisersaal Wettenhausen
Markus Putzke, Elke Gallenmüller und Susanne Steinle gratulieren der camerata vocale mit einem gelungenen Konzert zum 25. Geburtstag. (Foto: Gertrud Adlassnig)
 
Wettenhausen. Ein außergewöhnlicher Chor feiert ein außergewöhnliches Fest. Zum 25. Geburtstag hat sich die „camerata vocale Günzburg“ mit „Total Genial Vokal“ selbst ein kleines musikalisches Denkmal gesetzt. Vom 11. bis zum 20. Mai folgen Aufführungen von und für die Camerata Vocale Schlag auf Schlag: Acht Konzerte in zehn Tagen, ein Mammutprogramm, das beeindruckt. Mit dem Lieder- und Arienabend am Mittwoch erwies Susanne Steinle der camerata vocale und vor allem ihrem Begründer und Leiter, Jürgen Rettenmaier, ihre Referenz. Er sei ihr erster Lehrmeister gewesen, habe sie von Anfang an gefördert, ihr als junges Mädchen schon Soloparts übertragen. Ohne ihn, ist sie sicher, wäre sie heute nicht da, wo sie inzwischen angekommen ist.

Ihren Dank sprach die ehemalige Sängerin der camerata vocale nach einem gelungenen Auftritt: Markus Putzke (Klavier) und Elke Gallenmüller (Querflöte). Das Trio hat schon einige gemeinsame Aufführungen bestritten und trat im Kaisersaal als eingespieltes Team auf. Es war auch eine Art Heimspiel. Denn Putzke und Gallenmüller lehren am St.-Thomas-Gymnasium, das Susanne Steinle als Schülerin besuchte.

Das Programm des Abends widmete sich vor der Pause zunächst der Barockmusik von Händel und Vivaldi. Ein lockerer Wechsel von Instrumental- und Vokalstücken bestimmte den Rhythmus. „Meine Seele hört im Sehen“, jubelte Susanne Steinle zum Konzertauftakt mit Händels sechster von seinen „Neun deutschen Arien“. Die Interpretation von Elke Gallenmüller und Markus Putzke ließ schnell vergessen, dass Vivaldis „Frühling“ aus den vier Jahreszeiten eigentlich als Violinkonzert komponiert wurde.

Auf der Basis der Klavierstimme fing die Flöte das erwachende Leben des Frühlings ein. Mit „La flute de Pan“ von Jules Mouquet, einem stark der Antike zugeneigten Zeitgenossen von Richard Strauß, zieht noch einmal die Natur ein: Gar scheint es, als ließe Elke Gallenmüller mit ihrer Flöte Schmetterlinge durch den Kaisersaal tanzen, Blumenwiesen im sanften Wind wogen.

Elke Gallenmüller legte einen Schwerpunkt bei ihrem Vortrag auf die Musik des ausgehenden 19. und des 20. Jahrhunderts. Neben Mouquet und Debussy, dessen „Reverie“ in Kontrapunkt zur Dramatik der Bellini-Arien stand, widmete sich Gallenmüller dem spanischen Impressionisten Manuel de Falla und dem zeitgenössischen Flötisten und Komponisten Krystof Zgraia.

Auch Susanne Steinle konzentrierte sich nach der Pause auf ein Thema: Arien aus den romantischen Opern Bellinis, mit ihrer Suche nach den Ausdrucksformen innigster Gefühle und Affekte. Zuvor überzeugte sie mit Liedern von Händel, Brahms und Richard Strauß.

Ihre entwickelte Stimme mit warmen Klangfarben und eine virtuose Technik lassen sie im Fortissimo ebenso überzeugen wie im Piano. Sanft sehnend setzte sie zur Arie der Elvira aus „I Puritani“ an, öffnete den Zuhörern eine gequälte Seele, die voller Verlangen nach dem Geliebten bangt, steigerte sich hinauf bis ins saalerfüllende Fortissimo. Ihre Liebe zur Bühne stellte Susanne Steinle mit der Giuletta aus Bellinis Vertonung des Romeo und Julia-Stoffs unter Beweis.

Während Markus Putzke am Flügel auf der Bühne spielte, näherte sich die Sopranistin singend durch den Haupteingang.
Mit einem Prototypen den Abend beendet
Die Kantilenen, die gänzlich ohne Wiederholungen einzelner Passagen auskommen, sind eine Erfindung Bellinis, der so eine bis dato nicht gekannte Intensität im Ausdruck elegischer Stimmungen erreicht. Susanne Steinle schloss ihren Arienabend mit einem Prototypen: die Norma-Arie „Casta diva“, dem berühmten Gebet an die Mondgöttin. Sehnsucht, Trauer, Verzweiflung, unerfüllte Liebe, der Tod – die ganz großen Themen der Oper, brauchen Interpreten, die in ihren Gesang die eigene Lebensreife einfließen lassen. Susanne Steinle, noch jung an Jahren, ist dennoch schon heute überzeugend in ihrem Ausdruck.

Drei großartige Musiker gestalteten im Rahmen der Geburtstagsfeier für die camerata vocale ein bezauberndes Konzert voller Abwechslung und schöner Höhepunkte: Ein rundum gelungenes Geburtstagsgeschenk.