Günzburger Zeitung, 19. Mai 2015
Generalprobe für die Reise in die Ewige Stadt
Eine Open-Air-Messe vor der Kulisse des Klosters Wettenhausen wurde zur Generalprobe für die Romreise von Camerata vocale, Schulchor und Stadtkapelle Günzburg, geleitet von Jürgen Rettenmaier und Lukas Weiss. (Foto: Helmut Kircher)
Die camerata vocale, die Stadtkapelle Günzburg und die Chorschule des St.-Thomas-Gymnasiums bei ihren Vorbereitungen für den Auftritt im Vatikan Von Helmut Kircher
Es war mehr als nur eine sonntägliche Messe, die, umrahmt von klösterlicher Kulisse, auf dem Innenhof des Konventes der Wettenhauser Dominikanerinnen stattfand. Es war so etwas wie eine Generalprobe. Die zugehörige Premiere folgt in drei Wochen, bei der alljährlichen Fronleichnamsprozession in den Vatikanischen Gärten der Ewigen Stadt.
Auf Einladung des Priesterkollegs des Campo Santo in Rom machen sich (wie berichtet) zwei Günzburger Musikvereine, der Chor Camerata vocale – verstärkt durch die Chorschule des St.-Thomas-Gymnasiums Wettenhausen – und die Stadtkapelle Günzburg, mit insgesamt mehr als 90 Mitwirkenden auf die Reise. Sie gestalten musikalisch das Hochfest des Leibes und Blutes Christi (Fronleichnam) sowie mehrere Messen und Konzerte für die rund um das Collegio Teutonico am Campo Santo ansässige deutsche Bevölkerung plus einem zu erwartenden Besucheransturm in einem musikalisch anspruchsvollen und emotional beflügelnden Rahmen. Chorleiter Jürgen Rettenmaier und der Leiter der Stadtkapelle, Lukas Weiss, haben ein umfangreiches Programm zusammengestellt, dessen sakral durchleuchteter Klang sich in der Regel in Nuancenkult auflöst und einer dementsprechend akribischen Vorbereitung bedurfte.
Aus den elf im Programm aufgeführten Stücken gilt es, einige besonders hervorzuheben. Die für Blasorchester gesetzte „Adiemus“-Variation von Karl Jenkins etwa, mit ihrem bläserisch vollmundig weihevollen „Einzugs“-Glorienschein, ebenso Steve Dobrogosz’ „Kyrie Christe Eleison“, ein rhythmisch erregendes, chorisch stimmgewaltig aus dem Vollen schöpfendes A-cappella-Stück mit Ekstatik-Vorzeichen. Am Klavier auf feurigen Tasten begleitet von Thomas Hechinger. Ja, zeitgemäße Sakralmusik kann mitreißend sein. Natürlich, „Ave verum corpus“, das Melodie gewordene Vokaljuwel aus Mozarts Schatzkästlein, es darf bei solch sanglicher Seligsprechung nicht fehlen. Sinniglich betörend, Herz und Seele reinigend, mit ausgereifter Paradiesapfelnote.
Zwar sollte sie im Mittelpunkt stehen, musste aber leider auf zwei Teile – vier fielen dem Rotstift zum Opfer – reduziert werden: Pavel Stanéks (*1927) „Missa Lyrica“, eine selten zu hörende Messe für Chor und Blasorchester. Zur Aufführung gelangen das chorisch sanft verinnerlichte Gloria, mit seinen sparsamen Dissonanzen und filigranen Bläsergirlanden um eine und über einer zugleich beklemmenden wie herzbewegenden Gesangslinie. Und das meditative Agnus Dei, im einlullend-melancholischen Schlummersound. Ein Wiegenlied, wäre es nicht etwas zu forte gewesen, erlesen bis zum finalen, streichelsanften Endzeitkolorit emotional reinen, filigran fließenden Melos’: Dona nobis pacem. Den Schlusspunkt des Programms markiert Michael Korbs „Highland Cathedral“, ein triller- und trommelverziertes Bläserstück in durchartikuliertem Friedensmarschrhythmus. Im Gleichschritt federnder Eleganz, aufpoliert durch eine verhalten mitschwingende Leichtigkeit des Seins.
Vom 3. bis 7. Juni werden die Musiker und Sänger samt einer Busladung Fans in Rom sechs Veranstaltungen absolvieren, begleitet vom Partnerchor des Liceo Montanari aus Verona und begutachtet von Kardinal Reinhard Marx.